WIE ALLES BEGANN. VON GALAXIEN, QUARKS UND KOLLISIONEN
Sonderausstellung des NHM Wien von 19. Okt 2016 - 20. Aug 2017
Die Ausstellung "Wie alles begann. Von Galaxien, Quarks und Kollisionen" lud ein zu einer Spurensuche, die über 13 Milliarden Jahre zurück in die Vergangenheit, zum Ursprung des Universums, führt. Entstanden in Zusammenarbeit zwischen dem Naturhistorischen Museum Wien und dem Institut für Hochenergiephysik (HEPHY) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften thematisierte die Schau Fragen, die die Menschen seit Jahrhunderten beschäftigen und uns an die Grenzen nicht nur unseres Wissens, sondern auch unseres Vorstellungsvermögens führen: Woraus besteht unser Universum? Was ist dunkle Materie? Hat das Universum einen Anfang und ein Ende? Was war vor dem Urknall?Antworten darauf boten die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Teilchenphysik und der Kosmologie. Zeitgenössische Werke von Kunstschaffenden machten die Unendlichkeit des Weltalls, die gigantischen Zeithorizonte und die Erforschung des Urknalls auf völlig konträre, sinnlich Weise erfahrbar.
Das Naturhistorische Museum Wien und das Institut für Hochenergiephysik der ÖAW bedanken sich bei den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern!
Impressionen der Ausstellung
Fotos: Copyright NHM Wien, Kurt Kracher
Video "Wie alles begann"
Helmut Eberl vom Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften führt durch die Sonderausstellung "Wie alles begann" im NHM Wien.
Das sichtbare Universum
Credits von links nach rechts: NASA/GSFC/Arizona State University; ESO; NASA, ESA; ESA, NASA; NASA, ESA.
Die letzten Jahrhunderte astronomischer Forschung waren geprägt durch immer leistungsfähigere Teleskope, die den Horizont des sichtbaren Universums mehr und mehr hinausgeschoben haben. Gleichzeitig haben neue physikalische Theorien zu einem besseren Verständnis der komplexen Abläufe im Kosmos geführt. Ausgehend von unserer kosmischen Heimat, der Erde, und unserem Sonnensystem, haben wir die Milchstraße mit ihren hunderten Milliarden von Sternen immer besser kennengelernt und die Welt der Galaxien bis an den Rand des Universums erforscht.
Der Weg hinaus in den Kosmos ist zugleich ein Weg zurück in die Vergangenheit. Daher können wir mit unseren Teleskopen die 13,8 Milliarden Jahre dauernde Geschichte des Universums erforschen. Die Grenze des sichtbaren Universums, die kosmische Hintergrundstrahlung, zeugt von der Zeit, als das Universum nur 380.000 Jahre alt war. Dahinter verbirgt sich die Welt der Elementarteilchen knapp nach dem Urknall. Diese können wir mit Teleskopen nicht direkt beobachten.
Das Zeitalter der Elementarteilchen
credits: HEPHY_grafische_kooperative
Der Urknall, früher nur eine philosophische Hypothese, ist heute eine unbestrittene Tatsache in der Wissenschaft. Auch wenn es noch keine gesicherte Theorie zum "Wie" des Ursprungs gibt, wissen wir, dass das Universum sich einst in einem Zustand extremer Dichte und Temperatur befand.
Es war so heiß, dass eine Milliardstel Sekunde nach dem Urknall sämtliche bekannten Teilchen in ihrer elementaren Form vorhanden waren. Nach einer Millionstel Sekunde hatte sich das Universum soweit ausgedehnt und abgekühlt, dass sich Quarks zu Protonen und Neutronen verbinden konnten. Nach 3 Minuten verbanden sich Protonen und Neutronen zu Atomkernen. Erst nach ca. 380.000 Jahren war das Universum auf etwa 2.700 Grad abgekühlt. Nun konnten sich die ersten stabilen Wasserstoffatome bilden. Das Universum wurde durchsichtig, und Lichtteilchen, die Photonen, konnten entweichen. Erst ab diesem Zeitpunkt können wir das Universum beobachten.
Die Teilchenphysik ist der Schlüssel zum Verständnis der allerersten Augenblicke des Universums. Mit einem Teilchenbeschleuniger lässt sich jener Zustand von Materie herstellen, wie er kurz nach dem Urknall geherrscht hat. So hilft die Teilchenphysik, die Geburt unseres Universums besser zu verstehen.
Auf der Suche nach den großen Geheimnissen
Credits von links nach rechts: CERN/Daniel Dominguez; Michael Hoch; HEPHY/Gregor Schweinester
Die Wissenschaft wird geprägt von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen. Eine der wichtigsten Komponenten ist die Neugierige des Menschen - der Wunsch zu erforschen.
Die Teilchenphysik beschäftigt sich mit den kleinsten Bausteinen der Materie und deren Wechselwirkungen. Ein einheitliches physikalisches Bild von diesem Mikrokosmos ist Voraussetzung für ein grundlegendes Verständnis aller Naturvorgänge. Um diese kleinsten Bausteine zu erforschen, braucht man große Teilchenbeschleuniger. Sie erzeugen aus bekannten Teilchen neue, uns noch unbekannte Teilchen. Diese werden von gigantischen Detektoren nachgewiesen und exakt vermessen. Jede Sekunde müssen die Eigenschaften von Milliarden von Teilchen bestimmt werden, obwohl diese oft nur für Bruchteile von Sekunden existieren.
Dazu brauchen wir modernste Technologien, die meist neu entwickelt werden müssen. So können wir unser Wissen über die kleinsten Bausteine des Universums erweitern. Das dabei erworbene Know-how kann auch in anderen Bereichen eingesetzt werden, zum Beispiel in der Medizin für neue Therapiemöglichkeiten.
Vom Nullpunkt von Raum und Zeit bis in die Unendlichkeiten des Weltalls
Die Video-, Licht- und Soundinstallationen von österreichischen Künstlerinnen und Künstlern machen die Unendlichkeit des Weltalls und die gigantischen Zeithorizonte auf völlig konträre, sinnliche Weise erfahrbar. Daneben sind auch künstlerische Arbeiten von Kunstschaffenden des art@CMS Projekts am CERN zu sehen, die vom CMS-Experiment inspiriert wurden und eine direkte Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst schaffen.
Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung:
- Barbara Imhof/ Damjan Minovski/ Eva Schlegel: "Nebel im Kosmos". Für die Ausstellung entwickelten Künstlerin Eva Schlegel, Architekt Damjan Minovski und Weltraumarchitektin und -forscherin Barbara Imhof eine begehbare Rauminstallation, die das sonst Unsichtbare visuell erfahrbar macht. - Manfred Wakolbinger: "Galaxies". Das Meer von Sulawesi - Manfred Wakolbinger sieht auf seinem nächtlichen Tauchgang zunächst nichts als Plankton und undurchdringliche Dunkelheit. Doch plötzlich erschein ein leuchtendes Gebilde, wie eine Galaxie. Aus Fotografien dieser Begegnungen enstanden die Filme Galaxies 1-4. - Brigitte Kowanz: "Der Nullpunkt von Raum und Zeit". Brigitte Kowanz thematisiert den Urknall als komplexe Ausdehnung von Raum und Zeit. Spiegel und Zweiwegspiegel sowie Neon-, Argon- und Xenon-Röhren bilden in ihrem Wechselspiel eine sich öffnende virtuelle Unendlichkeit. - Hofstetter Kurt: Hofstetter Kurts lentikulares Objekt "Susys Fingerprint" visualisiert die Theoroie der Supersymmetrie mit der Methode der induktiven Rotation. Durch die wiederholte Anwendung der Regel auf die quadratische Ausgangsfigur von vier Elementarteilchen werden Musterebenen generiert. Seine Klanginstallation Myon D koppelt jedes Aufspüren von Myonen in der Funkenkammer mit dem Zirpen einer Grille. - Michael Hoch: "The GodParticleHuntingMachine". Michael Hoch, österreichischer Physiker am CERN und Künstler, stellt das CMS-Experiment in den Mittelpunkt der Fotocollage und zeigt neben der Technologie auch die Ästhetik des Objekts. - Chris Henschke: "Nature of the Apparatus". Ein Video des Large Hadron Colliders (LHC) wird algorithmisch manipuliert, so dass die Klänge des Beschleunigerstrahls und des Detektors den Ablauf des Films steuern.